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Etliche Jahre waren Aktien die mit Abstand attraktivste Anlageklasse. 2023 hat sich der Fächer nun wieder geöffnet. Namentlich haben sich Schweizer Obligationen als eine valable Investitionsmöglichkeit erwiesen. Die Ursache liegt in den in verschiedener Hinsicht schwierigen Zeiten. Die Analysten der Bank Avera empfehlen, bei der Selektion der Titel ein besonderes Augenmerk auf die Qualität zu legen.
Nach einer beeindruckenden Aufholjagd in den letzten beiden Monaten präsentierte sich das Anlagejahr 2023 erfreulich. Hoffnungen auf Leitzinssenkungen beflügelten neben Aktien auch kotierte Immobilienfonds, welche im vergangenen Jahr um 5,4% zulegen konnten. Schweizer Aktien erreichten ein Plus von 6,1%. Auch Schweizer Obligationen erzielten erstmals seit 2020 mit 7,4% wieder eine positive Rendite, was die Attraktivität dieser Anlageklasse spürbar steigerte. Im Zuge von sinkenden Kapitalmarktzinsen profitierten zudem globale Anleihen mit guter Kreditqualität, welche sich nach zwei verlustreichen Jahren nun im 2023 stabilisieren konnten und eine Performance von 2,5% erreichten. Des Weiteren schloss auch Gold das vergangene Jahr mit einem Kursgewinn ab. Zwar ging der Goldkurs nach einem zeitweiligen Höchststand im Frühjahr auf das ursprüngliche Niveau zurück, zog aber ab Oktober 2023 wieder an und erreichte auf Jahresbasis aus Schweizer Sicht ein Plus von 4,2 Prozent. Den grössten Kursgewinn verzeichneten jedoch die US-Aktien, wobei hier die sogenannten Glorreichen Sieben (Alphabet, Amazon, Meta, Tesla, Nvidia, Apple, Microsoft) die Treiber waren. Analysiert man den Kursverlauf aller US-Aktien, so erkennt man, dass dieser in der Breite stark hinterherlief. Nicolas Samyn, Leiter Wealth Management bei der Bank Avera, bringt es auf den Punkt: «TINA – There Is No Alternative – wurde 2023 abgelöst durch TARA – There Are Reasonable Alternatives. Aktien sind nicht mehr die einzige valable Anlageklasse, die sich für Investitionen anbietet.»
Einen Lichtblick im vergangenen Jahr stellte die Geldpolitik der Notenbanken dar. In den USA, in der EU und in der Schweiz konnte die Inflation durch die wiederholte Erhöhung der Leitzinsen deutlich eingedämmt werden. Seit dem Sommer verharren die Leitzinsen auf hohem Niveau – in den USA auf 5,5 Prozent, in der Europäischen Union auf 4,5 Prozent und in der Schweiz auf vergleichsweise tiefen 1,75 Prozent. Die verhältnismässig lange Zeitspanne ohne Erhöhung der Leitzinsen deutet darauf hin, dass der Zinserhöhungszyklus abgeschlossen ist. Allerdings sind Prognosen, ob diese Beruhigung nachhaltig ist, schwierig zu treffen. Der temporäre Anstieg der Ölpreise kann den weiteren Rückgang der Inflation bremsen. In der Schweiz dürften die steigenden Mieten die Teuerung anheizen. Der im Juni angehobene hypothekarische Referenzzinssatz und die damit verbundenen Mietpreiserhöhungen fliessen Ende Jahr in die Inflationsberechnung mit ein.
Es gab 2023 jedoch verschiedene Parameter, die sich eher dämpfend auf den Anlagemarkt auswirkten. Namentlich fallen hier die geopolitische Situation und die Entwicklung der Weltwirtschaft ins Gewicht. Noch immer herrscht nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine Krieg zwischen den benachbarten Ländern und ein Ende der Kampfhandlungen zeichnet sich nicht ab. Seit dem schlimmen Angriff der Hamas auf Israel ist auch der Nahe Osten wieder von einem Krieg beherrscht. Zudem sind verschiedene andere Weltregionen instabil. So ist etwa das Klima zwischen Taiwan und China sehr angespannt. Sowohl beim Krieg in der Ukraine wie auch bei jenem in Israel und mit der besorgniserregenden Situation im Pazifik kommt der Politik der USA eine strategisch entscheidende Bedeutung zu. Doch in den USA stehen 2024 Wahlen an, die je nach Ausgang zu einer Veränderung der US-Aussenpolitik führen können.
Hinzu kommt, dass sich viele Staaten in einem beunruhigenden Mass verschuldet haben. Die USA haben 2023 das erste Mal seit Langem mehr Geld für die Begleichung von Schuldzinsen ausgegeben als für das Militärbudget. Zusätzliche Sorgen bereiten die in den USA auseinanderdriftenden Kräfte. Während in der Ära des Präsidenten Donald Trump die Republikaner markante Steuersenkungen erwirkten, investieren die Demokraten nun unter Präsident Biden enorme Summen in die Modernisierung der maroden Infrastruktur. Diesseits des Atlantiks ist zwar die Europäische Union sehr innovativ bei der Ausarbeitung neuer Angebote für ihre Mitgliedsstaaten. Diese meist kostspieligen Projekte sind aber nicht durch zusätzliche Einnahmen gedeckt. Als dritter Punkt ist auf die chinesische Wirtschaft zu verweisen. Das Wirtschaftswachstum Chinas fiel 2023 weit bescheidener aus als erhofft. Die Exporte und die Importe gingen zurück, die Immobilienblase ist weiterhin bedrohlich gross und der Konsum blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Auch das steht einem Schuldenabbau entgegen. Nicolas Samyn: «Irgendwann müssen diese Schulden beglichen werden. Wie das geschehen soll, ist absolut offen.»
Trotz der mehrheitlich negativen Rahmenbedingungen hat sich die Weltwirtschaft insgesamt recht gut gehalten. Die US-Wirtschaft zeichnete sich auch 2023 durch ein solides Wachstum aus, das etwa denselben Umfang annahm wie 2022. Der Konsum verharrte auf einem hohen Niveau. Das trug wesentlich dazu bei, dass die Arbeitsmarktsituation in den USA äusserst angespannt blieb. Noch Ende November 2023 konnten rund 9 Millionen Stellen nicht besetzt werden. In Europa hat sich das Wirtschaftswachstum zwar deutlich verlangsamt, erreichte aber ein leichtes Plus bei gleichzeitig ebenfalls tiefen Arbeitslosenquoten. Der eher positive wirtschaftliche Jahresverlauf wird – wie auch bereits 2022 – auf den Nachholeffekt im Gefolge der Corona-Pandemie zurückgeführt. Während der Corona-Pandemie ging der Konsum markant zurück und die Menschen häuften ein Sparguthaben an. Dieses wurde in den USA und in Europa in den Jahren 2022 und 2023 vielerorts aufgebraucht, was die grosse Konsumfreudigkeit erklärt. Die tiefen Arbeitslosenzahlen respektive der enorme Fachkräftemangel in den USA und in Europa sind zudem auf die demografische Entwicklung zurückzuführen, treten doch immer mehr Personen aus den geburtenstarken Jahrgängen aus dem Erwerbsleben aus.
Prognosen für den Wirtschaftsverlauf im Jahr 2024 sind schwierig zu treffen. Die Dekarbonisierung der Industrie und die Deglobalisierung der Wirtschaft dürften uns weiter begleiten. Die demografische Entwicklung wird sich auch zukünftig in äusserst angespannten Arbeitsmärkten und einem mancherorts gravierenden Fachkräftemangel niederschlagen. Die Folge davon können eine wiederum stärkere Inflation und eine gebremste globale Wachstumsdynamik sein. Drei Szenarien sind denkbar: eine leichte Rezession, eine Stagflation und ein sogenanntes Soft Landing. Nicolas Samyn: «Einer leichten Abschwächung des Wirtschaftswachstums messen wir mit rund 40 Prozent die grösste Wahrscheinlichkeit bei. Das Szenario Stagflation gewichten wir mit rund 30 Prozent.» Bei der Stagflation wird die Inflationsentwicklung langsam unter Kontrolle gebracht, bleibt aber angespannt, und das Wirtschaftswachstum pendelt sich auf tiefem Niveau ein. Mit ebenfalls rund 30 Prozent beurteilen die Analysten der Bank Avera das Szenario «Soft Landing». Hier schwächt sich die Inflation unerwartet rasch ab, ohne dass eine Rezession in Kauf genommen werden muss.
Für Anlegerinnen und Anleger heisst dies: «Goodbye TINA, hello TARA.» Schweizer Staatsanleihen zeichnen sich derzeit wieder durch eine positive Entwicklung aus. Die Bank Avera hat deshalb ihre Strategie im Rahmen ihrer Vermögensverwaltungsmandate bereits vor Jahresfrist angepasst und den Anteil an Obligationen wieder stärker gewichtet. Jedoch sollen Anleger keinesfalls komplett auf Aktien verzichten. Über kurz oder lang werden diese wieder zu lukrativen Geldanlagen, weshalb ein langfristiger Anlagehorizont umso wichtiger ist.
Das weltweite Wirtschaftswachstum wird sich 2024 langsam abflachen. Der Zinserhöhungszyklus neigt sich seinem Ende zu, doch dürften uns die höheren Zinsen noch länger erhalten bleiben. Deshalb empfiehlt sich taktisch, eine defensive Positionierung mit Qualitätstiteln anzustreben, wobei die Aktienmärkte langfristig wieder steigen dürften. Für den Leiter des Wealth Management der Bank Avera gibt es jedoch keinen Grund, pessimistisch in die Zukunft zu schauen: «Einerseits gilt einfach noch stärker als sonst, dass man bei Finanzanlagen einen langfristigen Horizont avisieren muss. Und Korrekturen bieten auch immer Opportunitäten zum Investieren.»